Gegenwärtige und zukünftige Rollen für Biosimilars in der Onkologie – Erkenntnisse aus 10 Jahren Erfahrung in Europa und den USA

Obwohl zugelassene Biosimilars einem strengen Regulierungsrahmen und einer strenger Nachverfolgung nach der Marktzulassung unterliegen, werden sie in der Praxis noch zu selten eingesetzt.

Biologika machen die Hälfte des pharmakologischen Marktes in der Onkologie aus; ihr größter Nachteil sind jedoch ihre hohen Kosten. Biosimilars wurden als billigere Alternativen mit dem zweiseitigen Ziel entwickelt, den Zugang zu neuen Behandlungen zu erleichtern und die Ausgaben im Gesundheitswesen zu senken.

Biosimilars werden von der US-amerikanischen FDA und der Europäischen Arzneimittelagentur als Produkte mit hoher biologsicher Ähnlichkeit definiert, die sich in Bezug auf Sicherheit, Reinheit und Wirksamkeit nicht von einem bereits zugelassenen Referenzprodukt unterscheiden. Da Biosimilars nicht mit ihrem biologischen Referenz Biologika identisch sind, muss die Biosimilarität durch pharmakokinetische und pharmakodynamische Studien nachgewiesen werden. Trotz der strengen Anforderungen an verlässliche wissenschaftliche Daten und erfolgreiche klinische Studien für alle zugelassenen Biosimilars mangelt es an Wissen über diese Medikamente – nur ein Viertel der Onkologen kann Berichten zufolge ein Biosimilar beschreiben, und ein Fünftel der verschreibenden Ärzte ist mit dem Konzept vertraut.

Da die Patente für Biologika auslaufen, werden weitere Biosimilars auf den Krebsmedikamentenmarkt gelangen. Die größte Sorge der Krebsmediziner im Hinblick auf die Verwendung von Biosimilars ist das Risiko der Immunogenität, da selbst geringfügige Veränderungen der Molekularstruktur, der Verunreinigungen, des Verabreichungsweg und der Lagerungsbedingungen zwischen diesen Arzneimitteln und den Referenzprodukten potentiell zu unerwünschten Ereignissen führen können. Laufende Pharmakovigilanz- und Sicherheitsüberwachungsmaßnahmen nach der Marktzulassung – die für alle zugelassenen Biologika und Biosimilars obligatorisch sind – dürften dazu beitragen, diese Bedenken langfristig aufzulösen.

Biosimilars bedeuten für die Gesundheitssysteme erhebliche Kosteneinsparungen. Berechnungen zufolge würde eine 20-prozentige Preissenkung bei sechs patentfreien Biologika zu Einsparungen in Milliardenhöhe führen, die den PatientInnen den Zugang zu mehr Behandlungen ermöglichen würden. Diese Preisprognosen hängen jedoch auch von den Kosten der Referenzbiologika und dem Wettbewerbsmarkt ab.

Für KrebspatientInnen sind Biosimilars erschwinglichere Arzneimittel mit einem ähnlichen Sicherheits- und Toxizitätsprofil und ohne klinisch bedeutsame Unterschiede zu ihren Referenz Biologika. Der derzeitige unzureichende Einsatz von Biosimilars kann darauf zurückgeführt werden, dass PatientInnen und ÄrztInnen nicht ausreichend über die Vorteile, sowie Herausforderungen dieser wichtigen Medikamente informiert sind. Das Gesundheitspersonal, wie auch die Öffentlichkeit sollten über die verschiedenen Aspekte von Biosimilars aufgeklärt werden, um ihre erfolgreiche Integration in die onkologische Routineversorgung zu gewährleisten.

Fazit

Das Wissen der medizinischen Fachkräfte über Biosimilars ist unzureichend. Es muss mehr Fortbildungsmöglichkeiten geben, die alle Aspekte der Sicherheit und Wirksamkeit von Biosimilars abdecken, um eine erfolgreiche Einbeziehung von Biosimilars in die onkologische Routineversorgung zu gewährleisten.

Biosimilars haben das Potential, die mit der Stammzelltransplantation verbundenen Kosten in der Onkologie und Hämatologie zu senken

Die Transplantation hämatopoetischer Zellen (HCT) ist ein teures Verfahren, und der Ausbau eines Transplantationsprogramms ist besonders in Entwicklungsländern eine Herausforderung.

Für PatientInnen in der Onkologie und Hämatologie, einschließlich derjenigen, die eine Transplantation hämatopoetischer Zellen (HCT) benötigen, sind hohe medikamentenbezogene Kosten (vor allem für Antibiotika und Biologika mit Wachstumsfaktoren) bekannt, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung weltweit behindern. Das Auslaufen von Patenten für Biologika könnte dazu führen, dass Biosimilars auf den Arzneimittelmarkt gelangen und so dazu beitragen, die mit diesen Therapien verbundenen hohen Kosten zu senken.

Biosimilars sind chemisch ähnliche Versionen von Biologika Referenzpräparaten, die sich klinisch nicht wesentlich unterscheiden. Ihre Zulassung erfolgt auf der Grundlage analytischer Validierungsstudien sowie präklinischer und klinischer Studien, die in der Regel eine randomisierte Phase-III-Vergleichsstudie mit dem Biologika Originalpräparat umfassen.

Das Weltweite Netzwerk für Blut- und Knochenmarkstransplantation (WBMT) hat berichtet, dass nur 2 % der Transplantationsteams in einkommensschwachen Ländern wie dem östlichen Mittelmeerraum und Afrika tätig sind, obwohl die Zahl der Transplantationen von hämatopoetischen Zellen in letzter Zeit mit am stärksten gestiegen ist. In Lateinamerika ist die Häufigkeit von Bluttransplantationen im Vergleich zu Europa und Nordamerika um das 20- bis 40-fache geringer, was wahrscheinlich auf die begrenzte Finanzierung zurückzuführen ist. Diese Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, wirksame Strategien zur Senkung der Kosten für die Transplantation von hämatopoetischen Zellen in Ländern mit begrenzten Ressourcen umzusetzen.

Zu den Biosimilars, die im Bereich der Transplantation hämatopoetischer Zellen eingesetzt werden, gehören Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktoren (G-CSF) für die Mobilisierung von Stammzellen, Rituximab für die Graft-versus-Host-Krankheit (GVHD) und möglicherweise Infliximab und Etanercept bei der pädiatrischen GVHD. In einer Meta-Analyse der Studien zeigten die meisten keinen signifikanten Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Biosimilars und Originalpräparaten, und wenn eine Kostenanalyse einbezogen wurde, wurden für Biosimilars Preisnachlässe festgestellt.

Wichtige Erkenntnisse

Es hat sich gezeigt, dass Biosimilars die Kosten in Entwicklungsländern erheblich senken können. Bis 2024 wird die Verwendung von Biosimilars für G-CSF und Antineoplastika voraussichtlich zu einer Kostensenkung von 10 % führen. Die Hauptverantwortung für die Sensibilisierung gegenüber Biosimilars liegt bei Regierungen, Aufsichtsbehörden und lokalen Gesellschaften. Die Vorteile von Biosimilars in den Vordergrund zu stellen, ist ein wichtiges Ziel für Berufsverbände, die sich auf hämatopoetischer Zell-Transplantation spezialisiert haben, insbesondere für die Ausbildung von ÄrztInnen in Ländern mit niedrigem Einkommen.

Im Zulassungsverfahren für lizensierte Biosimilars ebnet Bevacizumab den Weg für die Extrapolation von Indikationen

Das umfassende Entwicklungsprogramm für Biosimilars soll sicherstellen, dass es keine Unterschiede in der Wirksamkeit und Sicherheit zwischen diesen Produkten und ihrem Referenzwirkstoff gibt. Obwohl Bevacizumab für die Behandlung mehrerer Tumorarten indiziert ist, gilt nicht-kleinzelliger Lungenkrebs (NSCLC) als empfindlichere Patientenpopulation als metastasierender kolorektaler Krebs (mCRC), an der neue Biosimilars getestet werden können. Die Gesamtheit der Belege kann dann eine Extrapolation auf mCRC rechtfertigen.

Seit der Einführung des ersten Biosimilars (Omnitrope®; Somatropin) im Jahr 2006 wurden 58 Biosimilars in der EU und 26 in den USA zugelassen. Die Zulassung von Biosimilars hat mehrere Vorteile für die Gesundheitssysteme: Sie erhöht die Auswahl an Medikamenten, senkt die Kosten, setzt Budgets frei, um mehr Behandlungen anzubieten, unterstützt den Wettbewerb und die Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie und fördert die Innovation.

Es gibt jedoch mehrere potentielle Hindernisse für eine breite Akzeptanz von Biosimilars in der klinischen Praxis. Einigen ÄrztInnen mangelt es wahrscheinlich an Kenntnissen über diese Arzneimittel oder an Vertrauen in ihre Verwendung, und sie haben möglicherweise auch Einschränkungen bei der Auswahl oder dem Wechsel zwischen ihnen. In vielen Fällen wird die Medikamentenbevorratung mit bestimmten Biologika von Verwaltungsbehörden und KrankenhausapothekerInnen ohne Rücksprache mit den verschreibenden ÄrztInnen entschieden – oft allein aus Kostenüberlegungen.

Bevacizumab ist das erste Therapeutikum, für das Biosimilars bei mCRC verfügbar sind. Wie alle Biosimilars wurden diese von der EMA und der FDA auf der Grundlage eingereichter Daten zugelassen, die die strukturelle Ähnlichkeit und funktionelle Äquivalenz sowie bestätigende klinische Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien im Vergleich zum Referenzprodukt bestätigen. Ziel dieser Studien ist es nicht, die klinischen Parameter durch eine unnötige Wiederholung des gesamten klinischen Entwicklungsprogramms für das Referenzprodukt neu zu bestimmen, sondern einen ähnlichen Nutzen bei der empfindlichsten Patientengruppe zu bestätigen. Bei Bevacizumab Biosimilars waren sich Sponsoren und Zulassungsbehörden einig, dass die Gesamtansprechrate bei PatientInnen mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs ein wissenschaftlich gerechtfertigter Endpunkt zur Bestätigung der Ähnlichkeit ist. Da Bevacizumab seine Wirkungsweise – die Hemmung der Tumorangiogenese – unabhängig von der Art der Krebserkrankung entfaltet, konnten die zugelassenen Indikationen für Bevacizumab-Biosimilars auf der Grundlage der Gesamtheit der Belege auf die Behandlung von mCRC extrapoliert werden.

Fazit

Die Zulassung von Biosimilars birgt mehrere potenzielle Vorteile für die Gesundheitssysteme, auch wenn es mehrere mögliche Hindernisse für die Akzeptanz gibt. Bevacizumab Biosimilars könnten als Beispiel für eine Extrapolation auf der Grundlage der Gesamtheit der Erkenntnisse dienen.

Neue Trends bei der Entwicklung von Biosimilars, wie sie das EU-Regulierungsnetzwerk zeigt, können den Zugang der PatientInnen verbessern

Eine Auswertung der Erfahrungen mit der Zulassung von Biosimilars in der EU seit 2005 bietet interessante Einblicke in die sich verändernde Landschaft für diese biotechnologischen Arzneimittel.

Der EU-Rechtsrahmen für Zulassungsanträge für Biosimilars (MAAs) basiert auf Leitlinien, die größtenteils von der EMA herausgegeben werden und die gesetzlichen Richtlinien der Europäischen Kommission ergänzen. In den vergangenen 20 Jahren hat dieser Rechtsrahmen zu einem stetigen Anstieg der Zahl der Zulassungsanträge für Biosimilars im Bereich chronischer, schwächender und lebensbedrohlicher Erkrankungen geführt.

Die EMA-Leitlinien sind “lebende Dokumente” und werden im Laufe der Zeit immer wieder überarbeitet und neu herausgegeben. Es hat sich ein Trend herauskristallisiert, dass weniger Gewicht auf bestätigende klinische Wirksamkeitsstudien gelegt wird und mehr auf Beweise aus physikalisch-chemischen Ähnlichkeitstests. Dies deutet darauf hin, dass das gesammelte Wissen und die Erfahrung mit Biosimilars allmählich die Strenge bei der Erfassung von Daten, die als unnötig repetitiv angesehen wird, verringert hat. Man verlässt sich zunehmend auf nicht-klinische in-vivo-Daten und verwendet pharmakodynamische Marker als Surrogat-Endpunkte für die klinische Wirksamkeit. Für stark charakterisierte Produkte wie Pegfilgrastim Biosimilars, die nach 2018 zugelassen wurden, waren keine klinischen Phase-III-Studien erforderlich – für diese Produkte wurde die Biosimilarität an gesunden ProbandInnen auf der Grundlage der absoluten Neutrophilenzahlwerte bestimmt.

Eine Extrapolation der Indikationen kann mit einer Begründung gewährt werden, wenn das Biosimilar eine vergleichbare PK/PD-Ähnlichkeit, Immunogenität und Sicherheitsdaten nachweist. Für einige Biosimilars gilt eine eingeschränkte Indikationsextrapolation, z. B. wenn Unklarheiten über die positiven Auswirkungen bestehen. Diese Biosimilars können vorbehaltlich einer zusätzlichen Überwachung im Rahmen des Risikomanagementplans während des Lebenszyklus der Produkte zugelassen werden.

EudraVigilance berichtet über unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit einem Biosimilar während der Post-Marketing-Phase und vergleicht sie mit denjenigen, die vor der Markteinführung des Biosimilars bei seinem Originalpräparat beobachtet wurden. Von 144 unverhältnismäßig gemeldeten Ereignissen traten 18 nur vor der Zulassung auf, 84 vor und nach der Zulassung und 42 nur nach der Zulassung – davon waren 9 unerwartete Meldungen. Die Kausalitätsanalyse von “Signalen”, die als schwerwiegend genug erachtet wurden, um eine weitere Untersuchung zu rechtfertigen, führte zu keinen neuen Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Biosimilars.

Nach den Erfahrungen der Behörden mit der Zulassung von Biosimilars werden die Leitlinien derzeit aktualisiert. Die Straffung der Entwicklungsprogramme hatte keine spürbaren Auswirkungen auf die solide Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der neu zugelassenen Biosimilars. Kürzere Zulassungswege im Rahmen der EU bedeuten einen schnelleren Zugang zu Arzneimitteln für PatientInnen.

Fazit

Die regulatorischen Rahmendokumente der EMA werden im Laufe der Zeit kontinuierlich weiterentwickelt und bieten den fortschrittlichsten Prozess für die Zulassung von Biosimilars. Im Laufe der Zeit sind die Zulassungswege gestrafft worden, was einen schnelleren Zugang der PatientInnen zu Biosimilars bedeutet.